Es ist wohl hinreichend bekannt, dass Frauen gerne redselig sind. Der besten Freundin wird auch das noch so geheime Geheimnis anvertraut, unter der Bedingung ihres Versprechens, niemals und unter keinen Umständen etwas davon irgendwann an Dritte weiterzugeben. Und natürlich passiert regelmässig genau das, was passieren muss: Die Vertraute kann sich nicht auf die Zunge beissen und tratscht die Sache weiter, während man glaubt, dass ihre kleine süsse, peinliche, verräterische oder kompromittierende Heimlichkeit bei der ach so schweigsamen Freundin bestens aufgehoben ist.
Aber ich habe meine Lektion gelernt, nachdem durch so ein „Datenleck“ meine Affäre ans Licht gekommen ist und dadurch meine Ehe im verflixten siebten Jahr zerbrach. Zerbrechen ist vielleicht der falsche Ausdruck, ich könnte es mit dem Bild eines vom Wasser weggespülten Fussabdruckes an einem Meeresstrand beschreiben. Selbst der Paartherapeut, den wir auf Drängen unserer Eltern widerwillig aufsuchten, meinte nach 3 Sitzungen, er sähe absolut keinen Grund, warum er zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, auf Teufel komm raus wieder aneinander kitten sollte.
Also verhielten wir uns wie Erwachsene, Adrian packte seine Golfschläger, seine Whiskysammlung, seine schwarzlederne, in der dritten Generation vererbten Couch nebst dunklen Eichenmöbeln und edel gebundenen uralten Büchern (in die er meines Wissens nie auch nur einen einzigen Blick geworfen hatte) und verliess mich mit einer theatralischen Geste und den Worten, dass ich nie wieder so einen Wahnsinntypen wie ihn finden würde. Und ich war frei.
Unglaublich! Man sagt nicht umsonst, Frauen leiden in einer Beziehung, Männer danach. Ich spüre, wie mir mit jedem Tag mehr zentnerschwere Lasten von den Schultern fallen. Mein Geist lernt das Fliegen wieder, meine Lust am Leben kommt zurück, ich kann wieder Spass an den kleinen Dingen des Alltags finden und habe nicht stets und ständig das Gefühl, irgendeine Rolle spielen zu müssen und mich wie eine „anständige“ Frau benehmen zu müssen.
Klar bin ich auch selbstkritisch. Immerhin bin ich keine 17 mehr, aber ich bin attraktiv, hab eine tolle Figur. Volle Brüste, die erfolgreich der Schwerkraft trotzen, eine schmale Taille, meine Beine sind lang und gerade und mit meinem Arsch kann man immer noch Nüsse knacken. Also ran ans gut gedeckte Büffet des Lebens, immerhin war ich lange genug auf Diät gesetzt.
Zum Glück hatte ich während der Ehe meinen Job nicht aufgegeben und so musste ich nicht mühseelig erst wieder Kontakte knüpfen. Und trotzdem bin ich natürlich auch auf der einen oder anderen Datingplattform unterwegs. Beim Daten habe ich auch jede Menge interessante, prickelnde aber auch skurrile oder sogar nicht ganz ungefährliche Typen kennengelernt. Was Festes hat sich nicht ergeben, war von mir auch gar nicht gesucht weil ich ja meine gerade erst neue gewonnene Freiheit nicht so schnell wieder aufgeben will.
Und nun zu dem Geheimnis, was bisher noch keiner von mir kennt:
Im letzten Sommer war ich zu einer Vernissage in Hamburg eingeladen. Eigentlich bin ich nicht so der Kulturfreak, aber solche Events leben ja meist nicht allein durch die ausgestellten Kunstwerke, sondern mehr durch die Selbstdarsteller, die sich dort für unentbehrlich halten. Durchgedrehte Künstler, Neureiche Angeber, angesoffene Musiker (ich stehe auf die Gitarristen), redseelige Koksnasen, Witwen, die mit ihren fetten Goldketten ihre Putenhälse verbergen – ein Schauspiel aus dem realen Leben, was sich jeder mal gönnen sollte.
Ich hatte mir taktisch clever einen weiss eingedeckten Stehtisch, am Rande des Geschehens ausgesucht. Günstig gelegen an der Ein- und Ausflugschneise der Champagner servierenden, schwarz befrackten Kellner, mit freiem Blick auf die Schickimicki Szene und doch so exponiert, dass ich nicht wie ein kleines graues Mauerblühmchen übersehn werden konnte.
Und tatsächlich bemerkte ich nach kurzer Zeit einen Blick dunkler Augen auf mir ruhen. In all diesem Gewirr von Stimmen, Gesichtern, Bewegungen konnte ich ihn fast körperlich spüren. Diese schwarzen Augen bohrten sich in meine und auch wenn mein Selbstbewusstsein ganz sicher nicht das kleinste ist, gelang es mir nicht, diesem Blick lange standzuhalten. Ich senkte meinen Kopf und als ich ihn wieder hob, stand der Fremde direkt an meiner linken Seite. Kurz schaute er in meine Richtung, lächelte und griff sich ein Champagnerglas von einem der vorbeischwebenden Tabletts.
In diesem Augenblick begann der offizielle Teil der Veranstaltung, ein Spotlight wurde auf eine kleine Bühne gerichtet. Der übliche Redemarathon mit gegenseitigen Lobpreisungen begann und ich richtete mich schon auf gähnend langweiliges Blabla ein, als ich plötzlich eine Hand auf meinem Po spürte. Ich zuckte zusammen, war das nur ein Versehen? Aber die Hand blieb an Ort und Stelle und drückte jetzt sogar etwas fester zu.
Wie soll ich reagieren? Dem Kerl eine laute Ohrfeige verpassen und die ganze Meute auf die Situation aufmerksam machen oder einfach mal abwarten, was passiert? Ich denke mal, Schwarzauge hat auch kurz gecheckt was ich vorhabe und als er merkte, dass ich ruhig blieb, liess er seine Hand langsam weiterwandern. Abwärts, wo mein kurzes, knallrotes Kleid knapp unter dem Arsch endete. Seine weichen Finger glitten über meine Oberschenkel, streichelten meine, mir langsam immer zitteriger werdenden nylonbestrumpften Beine und drängten sich dann frech zwischen meine Schenkel. Ein Blick zu dem Kerl zeigte mir, dass er mit völlig reglosem Gesicht zur Bühne schaute und es ihm absolut nicht anzusehn war, was seine rechte Hand da gerade mit meiner Selbstbeherrschung veranstaltete. Ganz selbstverständlich öffnete diese magische Hand meine Schenkel, sie wanderte an meine empfindlichste Stelle, streichelte mich so, dass mich das Gefühl überkam, gleich ohnmächtig zu werden und dann…. zog er ganz langsam und unaufgeregt seine Finger wieder zurück. In diesem Augenblick erst schaute er mich wieder an, schob sich mit einem Lächeln die etwas feucht glänzenden Zeige und Mittelfinger tief in den Mund, leckte sie mit Genuss ab und verabschiedete sich glech darauf mit einer leichten Verbeugung von mir.
Wir haben kein einziges Wort gewechselt. Ich habe nie herausgefunden, wer das war. Ich möchte es auch gar nicht wissen, um den Zauber dieses Moments nie zu zerstören.
Das ist mein Geheimnis, was noch nicht einmal meine beste Freundin kennt, aber ich musste es unbedingt einmal aussprechen weil ich es einfach mit jemandem teilen muss.
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